Gedenkfeier in Leutkirch

Freud und Leid liegen oft dicht beieinander. Das wird uns in Leutkirch ganz besonders bewusst, da der Gedenktag dieses Jahr auf den Kinderfestmontag fällt. Das Kinderfest, ein Höhepunkt im Jahresverlauf unserer Stadt, es steht für Tage der Freude und der Fröhlichkeit.

Am Gedenkstein Ecke Evangelische Kirchgasse / Lindenstraße, 19 Uhr findet gerade trotzdem, genau an diesem Tag, am 21. Juli, zum 12. Mal unsere Gedenkfeier für verstorbenen Drogengebrauchende statt. Mit Texten und Gedichten erinnern wir an alle jene, die uns viel zu früh verlassen haben und von uns so schmerzlich vermisst werden.

Sie werden von Mitgliedern der Elternselbsthilfe Allgäu-Oberschwaben, der Trauer AG „füreinander da“ (Baden-Württembergischen Landesvereinigung der Elternselbsthilfe) und Mitgliedern des Leutkircher Jugendhauses – die auch die technische Einrichtung und den Aufbau übernimmt – vorgetragen. Mit in der Organisation ist Pfarrerin Ulrike Rose, Evangelische Kirchengemeinde Leutkirch. Alle zusammen plädieren wir nachdrücklich für eine längst überfällige humane Drogenpolitik, gesicherte Finanzierung von Suchthilfe und Suchtprävention.  Passend musikalisch umrahmt wird die Feier, wie auch bereits im vergangenen Jahr, von Emanuel Dreher.

Traditionsgemäß werden am Gedenkstein weiße Rosen abgelegt und am Ende der Feier bunte Luftballons mit den Namen der Verstorbenen in den Himmel geschickt.

Eine Besonderheit erwartet uns in diesem Jahr. Mitglieder des Jugendhauses gestalten derzeit ein „Gedenkbänkle“. Wir beobachten, dass immer wieder Menschen vor dem Gedenkstein stehen bleiben und innehalten. Um diesen die Möglichkeiten zu bieten sich dafür hinzusetzen hatte das Jugendhaus-Team die Idee eine Sitzgelegenheit zu installieren.

Gestiftet wurde diese Bank vom Reparatur-Treff Leutkirch, das Einrichten des Platzes direkt neben dem Gedenkstein und die Montage übernimmt dankenswerterweise die Stadt Leutkirch.

Dieses „Gedenkbänkle“ wird bei der Feier der Öffentlichkeit präsentiert und lädt zum Verweilen ein.

Herzliche Einladung an alle aus nah und fern bei unserer Gedenkfeier dabei zu sein. Wir hoffen sehr, dass viele Leute sich die Zeit nehmen und um 19 Uhr zur diesjährigen Gedenkfeier vorbeikommen und das neue „Gedenkbänkle“ zu bewundern.

Beate Stör

Elternselbsthilfe Allgäu-Oberschwaben, Suchtgefährdeter und Suchtkranker

 

Dein Platz bleibt leer!

Dein Platz bleibt leer!

Das zu erfassen – das fällt uns schwer.

Ein Teil unserer Familie bist du gewesen,

s´ist nicht nur auf Papier zu lesen.

Sorgen haben wir uns schon gemacht,

Du hast immer weniger mit uns gelacht.

Rauschmittel bestimmten zuletzt Dein Leben,

was hat Dir gefehlt – konnten wir´s Dir nicht geben?

Du warst sonst so präsent in unserer Mitte

doch weder Mahnungen noch Bitte,

konnten Dich weg von den Drogen bringen,

wir hofften so sehr es würde gelingen.

Dich so krank zu sehen war kaum zu ertragen,

nun bist Du gestorben und wir beklagen

Deinen Tod; Er trifft uns erbarmungslos,

unsere Trauer um Dich ist unendlich groß.

Du, unser Kind und so geliebt,

zu wissen, dass es dich nun nicht mehr gibt,

dass Du gegangen bist, bricht uns das Herz,

und wir versinken in tiefem Schmerz.

 

Dein Platz bleibt leer,

das zu begreifen fällt echt schwer.

Ein Freund warst Du seit Kindertagen,

niemand dachte zu hinterfragen

was Dich umtreibt, was Du denkst,

wenn Du nur da bist und Zeit uns schenkst.

Und Du alles mitmachst, bist cool und gut drauf,

wann nahm denn Dein Schicksal diesen Verlauf?

Wir wussten und merkten, dass Du etwas nimmst

und Du manchmal ganz heftig ruderst und schwimmst.

Unseren Rat, den Stoff zu reduzieren,

damit wir Dich nicht ganz verlieren,

er verhallte leider, Du hast nicht gehört

und nicht begriffen, dass Dich das zerstört.

Der Keim der Krankheit war längst gesät

und jetzt? Jetzt ist es zu spät.

Wir stehen betroffen an Deinem Grab

und sehen erschüttert und traurig hinab.

 

Dein Platz bleibt leer.

Du, lieber Kollege bist nicht mehr.

Wie im Himmel konnt´ es geschehen,

haben wir denn nicht gesehen,

dass irgendwas mit Dir nicht stimmt?

Wir fragten schon manchmal, „ob der was nimmt?“

Niemand jedoch hat es angesprochen,

der Kontakt zu Dir war wie unterbrochen.

Du warst anders nicht mehr so wie vertraut,

keiner hat näher hingeschaut.

Von voll überdreht sein bis zur Apathie,

nur gefragt- was ist los – hat man Dich nie.

Du hast ja geliefert, hast was geschafft,

was interessiert uns ob er pafft,

oder was reinschmeißt, ganz egal;

Jeder hat doch selbst die Wahl!

Solang´s funktioniert ist es doch Wurst,

einer trinkt halt über den Durst,

der andere putscht sich sonst wie auf,

Hauptsache ist doch, man hat es drauf.

Dass es so ausgeht, das ist fatal,

der Erfolg unseres Projektes schmeckt dadurch schal.

 

Dein Platz bleibt leer.

Keine Post im Briefkasten mehr.

Niemals mehr Päckchen annehmen für Dich,

was da wohl drin war? Sicherlich

auch Verbotenes, welche Substanzen

hat uns nicht interessiert, im Großen und Ganzen.

Als jungen Nachbarn von uns registriert

der ab und zu unkontrolliert

Richtung Haustür sich bewegt,

niemand hat sich aufgeregt.

Warum auch – sonst immer freundlich und nett,

hilfsbereit und richtig adrett

gestylt und sauber angezogen,

alles andere wäre gelogen.

Kein typischer Junkie, so richtig versifft,

gut, er war halt manchmal bekifft.

Dass der so ein tragisches Ende nimmt,

wie schrecklich, wenn das alles stimmt,

was man nun alles rumerzählt,

schade, schade, dass er nun fehlt.

 

Sein Platz bleibt leer,

das verbindet sie alle und noch mehr.

Vermisst wird er auf vielerlei Arten,

sie alle werden umsonst auf ihn warten,

auf ihr Kind, den Bruder, den Freund, et cetera

eines ist klar – er ist nicht mehr da.

Allen zusammen wird erst richtig bewusst,

er ist gestorben, welch ein Verlust.

Hätt´ sich Dein Tod verhindern lassen,

wir sind wie betäubt und können´s nicht fassen.

Als hätten wir das alles nur geträumt!

Haben wir an Dir denn etwas versäumt?

Eine Antwort auf die Frage wird es nicht geben,

denn Du bist leider nicht mehr am Leben.

Dein Tod – so sinnlos, das ist bitter und schwer,

in unserer Mitte – Dein Platz bleibt leer!

 

Beate Stör

 

  1. April 2025