LEUTKIRCH

Gedenken und Abschied von Bertram

Seit 2001 gibt es unseren Elternkreis und seit 2013 sind wir jedes Jahr am 21. Juli mit einer Gedenkfeier dabei. Wir, das sind Mitglieder des Jugendhauses, unsere Pfarrerin Ulrike Rose und Mütter unseres Elternkreises. Eine musikalische Umrahmung der Gedenkfeier, meistens Musiker, bzw. Gruppen aus unserer Region, das Statement über das vorgegebene Thema und Gedichte, die zu diesem Thema passen. Dieses Jahr hatte dieser Gedenktag eine besondere Bedeutung für mich. Am 15. Februar ist mein Sohn Bertram an einer Überdosis gestorben.

Es war mir wichtig, diese Tatsache nach außen zu tragen um damit zu verdeutlichen: „Seht her, auch bei uns in unserer netten kleinen Stadt, gibt es Menschen die ihrer Sucht zum Opfer fallen, die an einer Überdosis sterben. Schaut genau hin und nicht weg, es betrifft uns alle.“ Deshalb habe ich mein Gedicht „Abschied von Bertram“ ausgewählt und gelesen. In Leutkirch geboren und aufgewachsen, bin ich wie man so schön sagt bekannt wie ein bunter Hund. Nicht nur wegen meiner Elternkreis-arbeit, sondern auch wegen meinem Engagement für unser Leutkircher Kinderfest. Im Januar 2018 wurde mir sogar der Bürgerpreis der Stadt verliehen.

Dass die Gedenkfeier dieses Jahr in unserer Regionalzeitung angekündigt wurde und dann sogar noch ein Artikel samt Foto erscheint, das war eine zähe Angelegenheit. Mehrfach hatte ich Flyer und Hinweis auf die Veranstaltung an unsere Lokalredaktionen geschickt ohne Reaktion. Eine Redakteurin die ich seit vielen Jahren gut kenne und der ich von dieser Ignoranz berichtet habe, sagte dann, ich solle es direkt an sie senden und sie wird sich darum kümmern. So kam es zu der Ankündigung und dem Foto mit dem Plakat.

Musikalische Begleitung in Leukirch

Dass in diesen Corona-Zeiten alles anders ist und gerade auch Musiker eine lange „Durststrecke“ haben, brachte mich auf die Idee bei Christian Segmehl, einem bekannten Saxophonisten der in Leutkirch lebt anzufragen, ob er die musikalische Begleitung unserer Gedenkfeier übernehmen würde.  Zu meiner großen Freude hat er zugesagt und die Stückeauswahl für unsere Gedenkfeier hat super gepasst und sein Spiel war grandios. Immer zwischen den Lesungen hat er ein Musikstück gespielt. Besonders eindrucksvoll sein „Yesterday“, Gershwins „Summertime“ und das „Fly me tot he sky“ das er zum Start der Gedenkluftballons intonierte.

Das Wetter meinte es nicht ganz so gut mit uns. Wir haben lange überlegt, ob wir nicht doch noch ins Innere der Kirche ausweichen müssen, haben uns aber trotz einiger Regentropfen entschieden im Freien zu bleiben. Unser Kirchplatz mit dem über 150 Jahre alten Brunnen bietet sich einfach an und ist ein schönes Ambiente für die Gedenkfeier.

Schade, dass nicht mehr Leute gekommen sind. Aber immerhin, unser Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle, Frau Petra Krebs, Landtagsabgeordnete der Grünen, der Suchtbeauftrage des Landkreises Ravensburg, sowie 2 Stadträte haben den Weg zu uns gefunden. Es ist sehr bedauerlich, dass trotz Bekanntmachung, schriftlicher und persönlicher Einladungen so wenige sich für ein Gedenken an verstorbene Drogengebraucher interessieren.

Wo bleiben die Schulen, Lehrer und die Jugendarbeit?

Wo sind denn da die Lehrer und Schulleiter, Rettungsdienste, z.B. Feuerwehr und DRK, all jene Vereine die Jugendarbeit betreiben. Sie werden doch tagtäglich mit konsumierenden Jugendlichen konfrontiert. Aber alle betreiben „Vogel Strauß Politik!“ Das ist ein Jammer, aber wir hören nicht damit auf laut auf die Problematik aufmerksam zu machen. Nächstes Jahr 2021 sind wir wieder mit einer Aktion dabei. Mein Sohn Bertram wird im kommenden Jahr einer von hoffentlich nicht so vielen in der Statistik der Drogentoten sein.

 

Beate Stör,  Elternkreis Leutkirch