
In ruhiger Atmosphäre der Verstorbenen gedenken
Am 21. Juli 2025 fand in Frankfurt der 28. Internationale Gedenktag für verstorbene Drogengebrauchende statt. Der Aktionstag, der seinen Ursprung in den 1990er-Jahren hat, wird heute in vielen Ländern und Städten weltweit durchgeführt. Ziel ist es, an die Verstorbenen zu erinnern und auf die weiterhin hohe Zahl drogenbedingter Todesfälle aufmerksam zu machen. 2024 starben in Deutschland 2.137 Menschen im Zusammenhang mit Drogen, davon 33 in Frankfurt seit dem letzten Gedenktag. Unter dem diesjährigen Motto „Überdosierung und Drogentod können alle Menschen (be-)treffen“ luden die Aidshilfe Frankfurt e.V., BASIS – Beratung, Arbeit, Jugend & Kultur e.V., die Integrative Drogenhilfe e.V., der Frankfurter Verein und der Verein Arbeits- und Erziehungshilfe e.V. (vae) gemeinsam mit JES zu einem vielfältigen Programm ein.
Schon in den Wochen vor dem eigentlichen Gedenktag fanden in verschiedenen Einrichtungen Vorbereitungen statt. In gemeinsamer Arbeit wurden Schmetterlingsmotive entworfen, die später als Street-Art im öffentlichen Raum auftauchten. Darüber hinaus entstanden kleine Erinnerungszeichen für Verstorbene, die an der Gedenkplatte im Lesegarten der Taunusanlage niedergelegt wurden und Plakate, die beim Trauermarsch hochgehalten worden sind.
Der Gedenktag begann am Vormittag im La Strada (Mainzer Landstraße 93) mit einem Trostcafé und einem Informationsangebot zum Thema Drogentod und Prävention. Besucher*innen konnten Kerzen entzünden, Blumen niederlegen und einfach in ruhiger Atmosphäre der Verstorbenen gedenken. Das EASTSIDE organisierte auch dieses Jahr eine gemeinsame Fahrt zur zentralen Kundgebung, um den Bewohner*innen die Möglichkeit zu geben, ihrer Mitmenschen zu gedenken. Am frühen Nachmittag startete die Kundgebung in der Kaiserstraße am Hauptbahnhof unter dem diesjährigen Motto:
„Überdosierung und Drogentod können alle Menschen (be-)treffen“.
Der Gehweg war mit bunten Schmetterlingsmotiven versehen, daneben waren die Namen Verstorbener in Kreide geschrieben. Weiße Rosen und Kerzen vervollständigten die Gedenkveranstaltung. Vertreter*innen der Drogenhilfe, Betroffene sowie Unterstützer*innen hielten bewegende Redebeiträge, in denen sowohl persönliche Verluste geteilt als auch politische Forderungen formuliert wurden. Rund 100 Menschen nahmen an der Veranstaltung teil, die von Sophie Hanack (La Strada) eröffnet wurde. Sie kannte viele der 33 in Frankfurt Verstorbenen persönlich und machte deutlich, dass viele dieser Todesfälle vermeidbar gewesen wären – mit mehr Konsumräumen, Unterstützungsangeboten und weniger Stigmatisierung. Sie sprach sich klar gegen die Kriminalisierung akzeptierender Drogenarbeit aus und betonte die Bedeutung des „Frankfurter Weges“. Gesundheits- und Sozialdezernentin Elke Voitl hob hervor, dass Frankfurt im Großstadtvergleich die niedrigste Zahl drogenbedingter Todesfälle habe – ein Erfolg des solidarischen Ansatzes der Stadt. Claudia Ak (JES Wiesbaden) warnte jedoch vor Rückschritten durch unzureichende Versorgungsstrukturen und forderte angesichts gefährlicher Beimischungen wie Fentanyl und Nitazenen dringend die Einführung von Drug-Checking. Patrizia Marcinkowski (Integrative Drogenhilfe) kritisierte die Entmenschlichung von Konsumierenden, etwa durch sensationsheischende Videos oder rein formale Debatten über neue Hilfsangebote, die an den Bedürfnissen der Betroffenen vorbeigingen. Pfarrer Nulf Schade-James erinnerte in seiner Andacht an die Verstorbenen und all jene, die weiter um ihr Leben kämpfen.
Nach einer gemeinsamen Schweigeminute und dem Verlesen der Namen der Verstorbenen zogen im Anschluss die Teilnehmer*innen in einem Trauermarsch durch das Bahnhofsviertel. Ziel war die Gedenkplatte im Lesegarten der Taunusanlage, wo erneut an die Verstorbenen erinnert wurde. Vor Ort nutzten viele die Gelegenheit für persönliche Trauer und Austausch. Um 19:00 Uhr lud das Hausprojekt „Nika“ und die Initiative „Eine Stadt für Alle!“ zur Vorführung des Films „DIE UNEINSICHTIGEN – AIDS-AKTIVISMUS IN FRANKFURT A.M.“ ins Synnika in der Niddastraße 57 ein. Nach Filmende folgte eine Gesprächsrunde zu den Themen des Films zwischen den Regisseur*innen des Films, Expert*innen, Aktivist*innen und Zeitzeug*innen. Um auf die Lebensumstände suchtkranker Menschen im öffentlichen Raum aufmerksam zu machen, fand außerdem die Ausstellung „[Über]Leben im Risikoumfeld – Wie leben Suchtkranke am Kölner Neumarkt?“ im Comspace nebenan statt.
Beitrag von: Integrative Drogenhilfe e.V.